Das Europäische Parlament hat heute seine Position zur EU-Urheberrechtsreform beschlossen. Die Änderungen, die es an den kontroversiellen Vorschlägen für Uploadfilter und ein EU-weites Leistungsschutzrecht vornahm, blieben dabei lediglich kosmetischer Natur.
Die heutige Entscheidung ist ein herber Rückschlag für das freie Internet. Das Europaparlament befürwortet die Einführung neuer rechtlicher und technischer Schranken für die Meinungsfreiheit im Netz. Zugunsten von Konzernprofiten werden Prinzipien über den Haufen geworfen, ohne die das Internet nie seine heutige Bedeutung erlangt hätte.
Die vom Parlament verabschiedete Variante des umstrittenen Artikel 13 (366 Stimmen dafür, 297 dagegen) macht alle außer den kleinsten Internetplattformen haftbar für jegliche Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer. Dieses Gesetz lässt Webseiten und Apps keine Wahl, als fehleranfällige Uploadfilter einzurichten. Diese Algorithmen werden alles, was wir veröffentlichen wollen, vorab freigeben müssen. Völlig legale Werke wie Parodien und Memes werden gezwungenermaßen im Filter hängen bleiben.
Der beschlossene Artikel 11 (393 Stimmen dafür, 279 dagegen) macht die Wiedergabe von mehr als „einzelnen Worten“ von Nachrichtenartikeln lizenzpflichtig und gilt auch für Hyperlinks. Er orientiert sich damit am deutschen Leistungsschutzrecht für Presseverleger. In fünf Jahren hat das deutsche Leistungsschutzrecht keinem Journalisten und keinem Verleger auch nur einen müden Cent Mehreinnahmen verschafft. Die Gerichte konnten die Unsicherheit darüber, was nun erlaubt ist und was nicht, noch immer nicht abschließend klären. Dasselbe Schlamassel erwartet uns nun auf EU-Ebene – alles andere ist reines Wunschdenken.
Das Parlament tritt nun in abschließende Verhandlungen mit dem Rat ein, der die Regierungen der Mitgliedsstaaten vertritt. Leider sind sämtliche Bedenken aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die dazu führten, dass der Text im Juli abgelehnt wurde, nach wie vor aufrecht. Sollten Uploadfilter in den Trilog-Verhandlungen nicht explizit ausgeschlossen werden, wird der öffentliche Protest nur noch zunehmen. Wenn dann knapp vor den Europawahlen die finale Abstimmung über das Verhandlungsergebnis ansteht, könnte das gesamte Gesetz sehr wohl noch gekippt werden.
Stay tuned for a comparison between the Council and Parliament positions on the controversial articles.
Soweit dies durch das Gesetz möglich ist, hat der Schöpfer auf das Copyright und ähnliche oder Leistungsschutzrechte zu seinem Werk verzichtet.
Ich will nach Südafrika anhauen!
Hallo,
erstmals danke für deinen unermüdlichen Einsatz,
gibt es schon irgendwo eine Übersicht, welche MEPs wie abgestimmt haben?
Ich möchte zumindest den eigenen, die JA gesagt haben, nochmals eine eMail zukommen lassen.
lg!,
Jonathan
Auf welcher Seite steht das Abstimmungsergebnis in http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-%2f%2fEP%2f%2fNONSGML%2bPV%2b20180912%2bRES-RCV%2bDOC%2bPDF%2bV0%2f%2fEN&language=EN
Seiten 10 bis 39 sind Abstimmungen über Teile dieses Gesetzes. Auf Seite 38 ist die Abstimmung über den Gesamttext.
Sehr geehrte Frau Reda,
Danke für Ihren Einsatz gegen die Einführung von Upload-Filtern und gegen das Leistungschutzrecht. Meine persölnliche Meinung dazu ist das ich grundsätzlich für einen fäiren Ausglich zwischen Urhebern und Nutzern bin und das alle die kreatives entwickeln angemessen entlohnt werden. Allerdings glaube ich nicht das dazu Upload-Filter und ein EU-weites Leistungsschutzrecht dazu beitragen. Für mich persönlich gefährden Upload-Filter die Meinungsfreiheit da das durchleuchten von Inhalten leicht auch auf andere Gebiete ausgedehnt werden können. Und beim Leistungsschutzrecht profitieren nur die große Konzerne aber nicht die Redakteuere die tatsächlich hinter den Inhalten stekcken.
Persönilch war ich lange hinter dem Grundsatz der europäischen Einigung und des Zusammenwachsen der europäischen Staaten innerhalb der EU bzw. davor EG gewesen. Doch meine Meinung hat sich seit längerem grundlegend geändert. Natürlich sind ein offener Warenverkehr oder offene Grenzen wichtige Errungenschaften aber kaum mehr eine Rede wert. Die in den letzten Jahren beschlossenen Richtlinien zur Vorratsdatenspeicherung oder der Speicherung von Passagierdaten bzw. der heute beschlossene EU-Copyrightmist halte ich für eine größere Gefahr für die Freiheit und Demokratie in Europa. Dabei habe ich bis auf wenige Ausnahmen erhebliche Zweifel ob ein Terrorist der sich irgendwo innerhalb der EU aufhält oder die Mitglieder des EU-Kommission, des EU-Parlaments der Regierungen der Mitgliedsstaaten die größere Gefahr für die Demokratie und Freiheit in Europa sind. Daher habe ich persönlich für mich beschlossen das ich nur noch europafeindliche Parteien wähle. Denn für mich persönlich kommt alles schlechte aus Brüssel. Und die etablierten Parteien werden schon bei den anstehenden Landtagswahlen sowie bei der nächsten Wahl zum EU-Parlament meine Quittung bekommen.
Das Römische Reich ist an seinen inneren Problemen zu Grunde gegangen und Ich hoffe ja insgeheim das die EU auch an den inneren Problemen zu Grunde geht. Der Gedanken an zukünftige Vereinigte Staaten von Europa sind für mich ein Grauß.
Wir können das Internet nicht auf einem Kontinent auf 28 verschiedene Arten regulieren. An der Zusammenarbeit über Nationalstaaten hinaus führt bei diesen Themen kein Weg vorbei!
Widerlich! Einfach nur Widerlich. Hoffe das bei der nächste Stichwahl auf das Volk gehört wird und nicht die Leute die befürwortet haben!
Liebe Frau Reda,
ich kenne mich nicht aus. Ich bin gegen Uploadfilter und Zensur.
Im von Ihnen angehängten Text steht „When defining best practices, special account shall betaken of fundamental rights, the use of exceptions and limitations as well as ensuring that the burden on SMEs remain appropriate and that automated blocking of content is avoided.“
Ist das jetzt abgelehnt oder angenommen worden? Wenn ich Ihr Kommentar richtig verstehe, sind Sie gegen diesen Text. Warum wollen Sie nicht, dass automatische Blockierung verhindert werden? Damit wären Uploadfilter doch unmöglich oder verstehe ich irgendwas nicht?
Danke im Voraus!
Dieser Passus ist völlig unverbindlich: Die Industrie möge sich bitte zusammensetzen und Abläufe festlegen, die verhindern, dass irgendwas böses geschehe. Gleichzeitig ist die direkte Haftung von Plattformen für Urheberrechtsverstöße ihrer User als konkreter Paragraph niedergeschrieben. Das reicht nicht als Schutz.
Danke Frau Reda und Team!
Danke dafür, dass Sie einer der wenigen Kanäle seid, der alle auf dem aktuellen Stand hält.
In meinen Augen ist diese Abstimmung eine Katastrophe. Nicht nur primär, weil eine positive Mehrheit erlangt wurde sondern einfach auch, weil die konservativen Parteien zum Großteil „Pro“ gestimmt haben. In einem digitalen Zeitalter und einer Zeit der Globalisierung sind die Konservativen absolut nicht mehr tragbar.
Meine Frage:
Was kann ich als „Ottonormaluser“ des Internets jetzt noch tun, um zu verhindern, dass diese Gesetze endgültig eingeführt werden?
Vielen Dank für das Lesen des Kommentars und für eine hoffentliche Antwort!
Vielen Dank das Sie sich für ein freies Internet einsetzen und gegen Uploadfilter und Co. gestimmt haben. Ich hoffe Sie geben den Kampf nie auf!
Erst einmal, vielen Dank an jeden der auch nur versucht hat sich gegen dieses Maßnahmenpaket einzu setzten.
Die Mehrheit des Europäischen Parlaments hat sich dazu endschieden, sich über den Willen der europäischen Bürger hinweg zu setzen und ein Gesetzt zu verabschieden, was so viel mehr kaputt macht als es zu reparieren verspricht.
Gibt es noch eine Chance dieses Gesetz zu stoppen oder brauchen wir jetzt alle eine VPN Verbindung in ein Land mit freiem Internet?
Das verbieten von VPNs wird dann wohl das nächste sein
Liebe Julia,
durch deine vielfachen Auftritte (u.a. auf dem Chaos Communication Congress, Logbuch Netzpolitik und der heise show) habe ich, zum ersten Mal in meiner Laufbahn als Wähler, soeben meine EP-Abgeordnete angeschrieben und ihr meine Meinung zu Ihrem Abstimmungsverhalten zur EU-Urheberrechtsreform mitgeteilt.
Vielen Dank an dich für deinen unermüdlichen Kampf für einen offenes Internet, ohne deine Öffentlichkeitsarbeit hätte ich meine EP-Abgeordnete sicherlich nicht kontaktiert.
Viele Grüße
Tobias