Letzen Sommer hat mein Urheberrechtsbericht eine europaweite Debatte über die Panoramafreiheit losgetreten. Diese Urheberrechtsschranke, die uns erlaubt, eigene Bilder von Gebäuden und Kunstwerken im öffentlichen Raum frei zu verwenden, ist seitdem im Gespräch geblieben – und jetzt will die Europäische Kommission auch von dir wissen, ob dazu eine Gesetzesänderung nötig ist.
Nur mehr bis 15. Juni kannst du die EU auffordern, die Panoramafreiheit für ganz Europa zu sichern!
Kurzer Rückblick: In der EU gibt es 28 verschiedene Urheberrechtsgesetze, und daher auch 28 verschiedene Regelungen der Panoramafreiheit. In manchen Ländern gibt es dieses Recht gar nicht oder nur beschränkt auf „nicht-gewerbliche“ Zwecke – eine Unterscheidung, die nicht mehr so klar ist, seit wir unsere privaten Fotoalben auf gewerblichen Plattformen und Apps teilen.
Die Folge: Tausende europäische Wikipedia-Artikel über Gebäude und Kunst im öffentlichen Raum sind aus rechtlichen Gründen unbebildert, und Journalist*innen wurden abgemahnt, weil sie in ihrer Berichterstattung Fotos von Sehenswürdigkeiten wie der Statue der kleinen Meerjungfrau in Kopenhagen veröffentlichten. Im Informationszeitalter machen Einschränkungen der Panoramafreiheit Millionen von Internetnutzer*innen zu Urheberrechtsverletzer*innen.
In mehreren Mitgliedsstaaten werden nun Verbesserungen vorgenommen – in mindestens einem jedoch hat ein Gerichtsurteil neue Unsicherheit geschaffen. Es ist eindeutig, dass wir dieses Thema auf EU-Ebene klären müssen.
Frankreich: Ein kleiner Schritt
Frankreich, wo die Situation sehr restriktiv war, hat im April einen Schritt vorwärts gemacht und Panoramafreiheit für nicht-gewerbliche Zwecke beschlossen.
Das Problem damit: Heutzutage verschwimmt die Grenze zwischen „gewerblichen“ und „nicht-gewerblichen“ Verwendungen. Stell dir diese Situationen vor:
- Du bist auf Reisen und machst ein Foto von der Beleuchtung des Eiffelturms, die unter Urheberrechtsschutz steht. Heutzutage kleben wir unsere Schnappschüsse nicht in private Fotoalben – wir teilen sie auf gewerblichen Plattformen mit unseren Freund*innen. Wenn man etwas auf Facebook hochlädt, überträgt man ihnen damit die Rechte, es „gewerblich zu nützen“ (nämlich auf ihrer gewerblichen Plattform anzuzeigen) – aber in Frankreich hast du dieses Recht ja nicht, wenn es um Fotos von urheberrechtlich geschützen Objekten im öffentlichen Raum geht.
- Ein*e Profi-Fotograf*in macht eine künstlerische Aufnahme eines Wolkenkratzers. Dieses Foto auf der Portfolio-Website zu inkludieren ist bereits eine gewerbliche Verwendung, auch wenn mit dem Bild konkret kein Geld verdient wird.
- Ein*e Dokumentarfilmer*in möchte ein öffentliches Kunstwerk dokumentieren. Da das eindeutig eine gewerbliche Nutzung darstellt, ist eine langwierige Recherche nach dem Urheberrechtsstatus und den Rechteinhaber*innen des Werks nötig, die dann ihre Erlaubnis erteilen müssen.
In all diesen Situationen sind es Kreative, die durch die Einschränkung der Panoramafreiheit in ihrer Arbeit behindert werden, statt geschützt. „Nicht-gewerbliche“ Panoramafreiheit ist nicht genug.
BELGIen holt auf
Das Parlament in Belgien, wo es bisher ebenfalls keine Panoramafreiheit gab, steht hingegen kurz davor, eine umfassende Erlaubnis zu beschließen. Zum Glück konnte ein Änderungsantrag, der sie im letzen Moment auf nicht-gewerbliche Zwecke beschränken wollte, abgewehrt werden.
ESTland: Hoffnung auf Fortschritt
In Estland galt bereits, was jetzt in Frankreich gilt: Panoramafreiheit nur für nicht-gewerbliche Zwecke. Jetzt arbeitet das Justizministerium an einer Urheberrechtsreform. Wikimedia Estland nützt diese Gelegenheit, um eine Ausweitung für alle Zwecke zu fordern. Mehrere lokale Architekturbüros und Kulturvereine unterstützen den Vorschlag bereits.
SchWEDEN: Ein besorgniserregendes Urteil
Schweden galt als eines jener Länder, die die Panoramafreiheit erlauben. Im April entschied jedoch der oberste Gerichtshof, dass eine Seite von Wikimedia Schweden, die Fotos von Kunst im öffentlichen Raum sammelte, gegen Urheberrechte verstoße. Das hat Unklarheit ausgelöst darüber, was das schwedische Urheberrecht denn nun tatsächlich erlaubt.
* * *
Die EU muss handeln – und du kannst dabei helfen
Der Status Quo ist inakzeptabel. Es ist Zeit, ein für alle mal jede Debatte darüber zu beenden, ob man denn Fotos vom Eiffelturm bei Nacht oder von anderen Bauwerken in Europa teilen darf.
Regelungen, die vielleicht Sinn ergeben haben, als die einzig verbreitete „gewerbliche Verwendung“ von Bildern der Verkauf von Postkarten war, sind heute zu einem Ärgernis sowohl für Kreative als auch für die Gesamtgesellschaft geworden. Politiker*innen müssen zur Kenntnis nehmen, dass mehr Urheberrecht nicht immer besser ist.
Bitte nimm dir noch bis 15. Juni 10 Minuten, um der Europäische Kommission in ihrer öffentlichen Konsultation zum Thema mitzuteilen, dass wir eine harmonisierte Panoramafreiheit für alle Zwecke in der gesamten EU brauchen:
Jetzt die Konsultation beantworten
Die Konsultation fragt auch danach, ob Verlage ein neues Recht bekommen sollen, mit dem sie kontrollieren können, wie wir Artikel online lesen und teilen. Wenn möglich, fülle bitte auch diese Hälfte aus – ich habe hier über die Hintergründe dieses Vorschlags, der Links im Netz einschränken könnte, informiert.
Die Zeit drängt. Sag’s weiter!
Nur mehr bis 15.6. können wir der EU mitteilen: Schützt die Panoramafreiheit in ganz Europa! Tweet this!
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Soweit dies durch das Gesetz möglich ist, hat der Schöpfer auf das Copyright und ähnliche oder Leistungsschutzrechte zu seinem Werk verzichtet.