Am 17.12.2015 haben sich mehr als 83 Abgeordnete des Europäischen Parlaments aus über sechs Fraktionen meinem Ruf an die Europäische Kommission angeschlossen, jegliche Bemühungen einzustellen, ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger auf EU-Ebene einzuführen. Hier findet ihr eine (inoffizielle) deutsche Übersetzung dieses Briefes:

Reform des EU-Urheberrechts

Sehr geehrter Präsident Juncker,
Sehr geehrter Vizepräsident Ansip,
Sehr geehrter Kommissar Oettinger,

Wir als Abgeordnete des Europäischen Parlaments sind tief besorgt über die Mitteilung der Kommission „Schritte zu einem modernen, europäischeren Urheberrecht“ in Hinblick auf die Fragen zur Definition der Rechte zur „öffentlichen Widergabe“ und der „Zugänglichmachung“, die in Kapitel 4 aufgeworfen werden.

Während in der Mitteilung großer Wert darauf gelegt wird, die Aussagen unverbindlich und die Zielsetzung offen zu belassen, weisen sowohl die Rahmensetzung als auch die Fußnoten im 4. Kapitel unmittelbar und eindeutig in Richtung erster Schritte hin zu einer Einführung eines Leistungsschutzrechts zu Gunsten von Presseverlegern. Das Europäische Parlament hat sich wiederholt gegen die Einführung eines solchen Leistungsschutzrechts ausgesprochen.

Wir fordern die Kommission mit Nachdruck auf, nicht vom Ziel abzuweichen einer Reform des Urherberrechts, die den digitalen Binnenmarkt in Europa stärkt, Kreativität und Forschung fördert, und gleichzeitig die Risken im Auge behält, die damit einhergehen würden, die Grundfeste einer der größten Errungenschaften der Informationstechnologie zu untergraben.

Anders als in der Mitteilung dargestellt, gibt es keine Unklarheiten hinsichtlich der Auslegung des europäischen Rechtsrahmens zum Urheberrecht bei Inhalten, die sowohl legal als auch online frei zugänglich sind. Das Urteil des Europäischen Gerichtshof im Fall Svensson hat hier bereits ausreichend Klarheit geschaffen.

Während sich die Organe der EU mit etwaigen spezifischen Gesetzesmaßnahmen noch zu gegebener Zeit auseinandersetzen werden, möchten wir der Kommission raten, die Ablehnung der Idee eines Leistungsschutzrechts durch das Parlament zu berücksichten, und die Stoßrichtung der geplanten Überprüfung klarzustellen.

Hochachtungsvoll,

Bitte beachtet, dass die jetzt folgenden Unterschriften unter den Brief in seiner englischen Originalversion gesetzt wurden.

Vicky Ford (ECR)
Julia Reda (Greens/EFA)
Marietje Schaake (ALDE)
Josef Weidenholzer (S&D)
(Digital Agenda Intergroup Steering Committee)

Mitunterzeichner*innen

Isabella Adinolfi (EFDD)
Jan Philipp Albrecht (Greens/EFA)
Max Andersson (Greens/EFA)
Petras Auštrevičius (ALDE)
Brando Benifei (S&D)
Izaskun Bilbao Barandica (ALDE)
David Borrelli (EFDD)
Klaus Buchner (Greens/EFA)
Reinhard Bütikofer (Greens/EFA)
Matt Carthy (GUE/NGL)
Dita Charanzová (ALDE)
Miriam Dalli (S&D)
Karima Delli (Greens/EFA)
Daniel Dalton (ECR)
Fabio De Masi (GUE/NGL)
Pascal Durand (Greens/EFA)
Stefan Eck (GUE/NGL)
Bas Eickhout (Greens/EFA)
Cornelia Ernst (GUE/NGL)
Fredrick Federley (ALDE)
Laura Ferrara (EFDD)
Gerben-Jan Gerbrandy (ALDE)
Lidia Geringer de Oedenberg (S&D)
Sven Giegold (Greens/EFA)
Antanas Guoga (ALDE)
Thomas Händel (GUE/NGL)
Marian Harkin (ALDE)
Rebecca Harms (Greens/EFA)
Martin Häusling (Greens/EFA)
Heidi Hautala (Greens/EFA)
Maria Heubuch (Greens/EFA)
Benedek Jávor (Greens/EFA)
Iosu Juaristi Abaunz (GUE/NGL)
Kaja Kallas (ALDE)
Petra Kammerevert (S&D)
Ska Keller (Greens/EFA)
Jeppe Kofod (S&D)
Kateřina Konečná (GUE/NGL)
Dietmar Köster (S&D)
Merja Kyllönen (GUE/NGL)
Philippe Lamberts (Greens/EFA)
Marju Lauristin (S&D)
Andrew Lewer (ECR)
Sabine Lösing (GUE/NGL)
Ulrike Lunacek (Greens/EFA)
Curzio Maltese (GUE/NGL)
Jiří Maštálka (GUE/NGL)
António Marinho e Pinto (ALDE)
Emma McClarkin (ECR)
Martina Michels (GUE/NGL)
Alessia Mosca (S&D)
Victor Negrescu (S&D)
Miroslav Poche (S&D)
Jozo Radoš (ALDE)
Evelyn Regner (S&D)
Michel Reimon (Greens/EFA)
Terry Reintke (Greens/EFA)
Michèle Rivasi (Greens/EFA)
Bronis Ropė (Greens/EFA)
Judith Sargentini (Greens/EFA)
Helmut Scholz (GUE/NGL)
Molly Scott Cato (Greens/EFA)
Jordi Sebastià (Greens/EFA)
Davor Škrlec (Greens/EFA)
Alyn Smith (Greens/EFA)
Igor Šoltes (Greens/EFA)
Martin Sonneborn (NI)
Barbara Spinelli (GUE/NGL)
Bart Staes (Greens/EFA)
Catherine Stihler (S&D)
Dario Tamburrano (EFDD)
Indrek Tarand (Greens/EFA)
Josep-Maria Terricabras (Greens/EFA)
Estefanía Torres Martínez (GUE/NGL)
Helga Trüpel (Greens/EFA)
Claude Turmes (Greens/EFA)
Ernest Urtasun (Greens/EFA)
Bodil Valero (Greens/EFA)
Monika Vana (Greens/EFA)
Sophie in ‚t Veld (ALDE)
Cecilia Wikström (ALDE)
Gabriele Zimmer (GUE/NGL)

openletter-response

Update vom 12. Februar: Antwort

Am 12. Februar erhielten wir die folgende Antwort von Vizepräsident Ansip:

Lassen Sie mich betonen, dass in diesem Zusammenhang bisher noch keine Entscheidungen gefällt wurden. Wir werden insbesondere die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation zu Plattformen und Online-Vermittlern berücksichtigen. Die Kommission verfolgt die Debatte im Europäischen Parlament genau […] und wird sie berücksichtigen. (Zum gesamten Brief auf Englisch→)

Leider ist die Aussagekraft der Plattform-Konsultation zutiefst mangelhaft, was das Leistungsschutzrecht angeht: Nur wer sich zuerst als Rechteinhaber*in identifizierte, bekam die damit zusammenhängenden Fragen überhaupt angezeigt – damit wurden ausgewogene Ergebnisse praktisch verunmöglicht.

Aus diesem Grund erstellte die SaveTheLink-Kampagne ihre eigene Umfrage, in der Nutzer*innen direkt auf einige wenige Problemstellungen angesprochen wurden, darunter auch das Leistungsschutzrecht. Die 10.599 Antworten, die sie erhielten, reichten sie in Folge bei der Kommission ein. Besorgniserregenderweise wurden diese Antworten in der ersten Zusammenfassung der Ergebnisse nicht analysiert. Nachdem ich Bedenken anmeldete, versicherte mir die Kommission aber, dass „sie nichtsdestotrotz in die endgültige, umfassende Auswertung einfließen werden.“

Ich werde weiterhin einmahnen, dass die Kommission bei ihrer Arbeit die gesamte Bandbreite der Stimmen wahrnimmt. Was das Leistungsschutzrecht angeht, ergeben diese Stimmen eine deutliche Ablehnung.

Soweit dies durch das Gesetz möglich ist, hat der Schöpfer auf das Copyright und ähnliche oder Leistungsschutzrechte zu seinem Werk verzichtet.

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