Die Reform des Urheberrechts steht ganz oben auf der Agenda der neuen EU-Kommission. Das bestätigt der Brief über den Arbeitsplan 2015 von Kommissionspräsident Juncker.
Die Richtung ist klar: Der Austausch von Wissen und Kultur über Grenzen hinweg soll erleichtert und der rechtliche Rahmen an die Realitäten der digitalen Welt angepasst werden.
Ich freue mich, bei der Arbeit an dieser Reform eine wichtige Aufgabe zu übernehmen: Ich werde die Position des Europaparlaments zu den Stärken und Schwächen der bestehenden EU-Urheberrechtsregeln formulieren und mit den anderen Fraktionen abstimmen. Oder offiziell ausgedrückt: Der Rechtsausschuss hat mich zur Berichterstatterin für die Evaluation der Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie von 2001 (“InfoSoc-Richtlinie”) ernannt.
Die öffentliche Debatte um die Reform ist im vollen Gange. Die französische Ministerin für Kultur und Kommunikation Fleur Pellerin hat sich diese Woche in einer Rede skeptisch über meine Ernennung zur Berichterstatterin geäußert. Da eine Urheberrechtsreform auch eine Mehrheit im Rat der nationalen Regierungen benötigt, habe ich die Ministerin zu einem Kennenlerntreffen eingeladen (Brief auf Französisch), um zu diskutieren, wie eine Harmonisierung der Urheberrechtsregeln und die Überwindung nationaler Hürden beim Austausch von Wissen und Kultur für ganz Europa von Vorteil ist – das hat auch Juncker erkannt.
Auch im Parlament hat sich die Debatte versachlicht und es kommen Stimmen aus der Wissenschaft zu Wort, die die Notwendigkeit für durchschaubare Urheberrechtsregeln deutlich machen:
Bei der Anhörung der Ausschüsse für Recht und Kultur empfahl Prof. Malte Stieper von der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht eine einheitliche europäische Rechtsgrundlage: Beim Urheberrecht sei weniger mehr. Er warnte außerdem vor einem Export des deutschen Leistungsschutzrechts für Presseverleger auf EU-Ebene. Auch die Urheberrechtsprofessoren Leonhard Dobusch und Martin Kretschmer empfahlen eine Umorientierung des Urheberrechts zu Gunsten des freien Zugangs zu Wissen und Kultur. Zum Mitschnitt der Anhörung
Bibliotheken und Archive argumentieren, dass ihnen die derzeitigen Regeln die Erfüllung ihrer gesellschaftlichen Aufgaben erschweren. Sie deponierten ihre Bedürfnisse bei einer von mir gemeinsam mit MdEP Josef Weidenholzer (S&D) organisierten Diskussion im Parlament:
Auch auf internationaler Ebene sind die Diskussionen um das Urheberrecht brandaktuell:
- Die EU-Kommission drängt darauf, endlich den Vertrag von Marrakesch umzusetzen, der Menschen mit Sehbehinderungen leichteren Zugang zu digitalen Werken verschaffen soll.
- Im Handelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada sind Strafen für Camcording und ein Zwang für Umgehungsverbote von technischen Barrieren (DRM) vorgesehen, die bei Abschluss des Abkommens eine progressive Urheberrechtsreform in der EU erheblich erschweren würden.
- Auch das transatlantische Handelsabkommen TTIP wird voraussichtlich ein Kapitel zu Immaterialgüterrechten beinhalten, aber die Details werden vor der Öffentlichkeit und den Europaabgeordneten geheim gehalten.
- Die World Intellectual Property Organization (WIPO) arbeitet derweil an einem neuen Vertrag für die (Leistungsschutz-)rechte von Sendeunternehmen sowie Schrankenregelungen für Bibliotheken und andere Gedächtnisinstitutionen. In diesen Verhandlungen stellt sich die EU den Möglichkeiten von Bibliotheken für eine sinnvolle Erfüllung ihrer Aufgaben im Internet eher in den Weg.
Es gibt also viele Gründe, sich jetzt in die Diskussion einzuklinken und der neuen Kommission sehr genau auf die Finger zu schauen, ob sie das Recht auf Zugang zu Wissen und Kultur bei ihren Reformplänen ausreichend berücksichtigt. Ich werde meinen Teil dazu beitragen und die Unstimmigkeiten in den geltenden Urheberrechtsregeln aufzeigen.
Soweit dies durch das Gesetz möglich ist, hat der Schöpfer auf das Copyright und ähnliche oder Leistungsschutzrechte zu seinem Werk verzichtet.
Schade. Leider gibt es zum Video keine Untertitel. :-(
In Deutschland ist im SGB der Zugang zu Urheberrechtlich geschützten Werken für Blinde z.Z so geregelt (siehe 18.11 Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken).
Quelle: http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/a712-ratgeber-fuer-behinderte-mens-390.pdf?__blob=publicationFile
Auch dieser Artikel zu wissenschaftlichen Publikationen ist sehr lesenswert http://www.laborjournal-archiv.de/epaper/LJ_14_10/#24
Danke für den Hinweis zu den Untertiteln, ich werde in unseren Workflow integrieren, immer solche anzulegen!