Zur heute vorgestellten neuen EU-Kommission erklärt Julia Reda, Abgeordnete der Piratenpartei im Europaparlament:
»Es ist erfreulich, dass digitale Themen in der neuen Kommission eine prominente Stellung einnehmen. Von den Kommissaren Oettinger und Ansip, die für Netzpolitik zuständig sein werden, erwarte ich aber wenig Gutes. Günther Oettinger wird Kommissar für Digitalwirtschaft und Gesellschaft, ohne Erfahrungen in diesem Bereich vorweisen zu können. Er kann Neelie Kroes nicht glaubhaft ersetzen. Mit dem estnischen Kommissar Andrus Ansip wird ausgerechnet ein Verfechter des Handelsabkommens ACTA Vizepräsident für den Digitalen Binnenmarkt. In der Befragung der Kommission werde ich Oettinger und Ansip besonders genau auf den Zahn fühlen.«
Das Europäische Parlament hat im Jahr 2012 ACTA abgelehnt, weil es Grundrechte im Internet zu beschneiden drohte. Kurz zuvor bezeichnete Ansip ACTA noch als eine »extrem richtige Maßnahme«, während weltweit zehntausende Menschen gegen das Abkommen auf die Straße gingen.
Positiv bewertet Reda, dass die Zuständigkeit für das Thema Urheberrecht künftig in das Digitalressort fällt:
»Ein Thema von so breiter gesellschaftlicher Bedeutung kann nicht länger bloß aus dem Blickwinkel der Wirtschaftsinteressen betrachtet werden. Die jüngste EU-Konsultation zum Thema erzielte mit 11.000 Nachrichten eine Rekordbeteiligung. Die Auswertung der Antworten durch die Kommission dokumentierte schwarz auf weiß: Die Menschen in Europa spüren, dass die aktuelle Rechtslage die Weiterentwicklung der europäischen Informationsgesellschaft hemmt. Sie unterstützen selbst in Zeiten steigender Euroskepsis den Abbau von nationalen Grenzen im Urheberrecht – also seine europaweite Harmonisierung und Reform.«
Die scheidende Kommissarin Neelie Kroes, zuständig für die Digitale Agenda, hatte sich zuletzt sehr deutlich für eine Vereinfachung des Urheberrechts ausgesprochen und den EU-Rechtsrahmen als „lückenhaft, unflexibel und oft irrelevant“ bezeichnet.
Zu der von Juncker vorgestellten Umstrukturierung der Kommission sagt Reda:
»Es ist ein gutes Zeichen, dass Juncker anscheinend versucht, eine politische Kommission zu formieren. Viele der neuen Kommissarinnen und Kommissare hatten zuvor hohe politische Positionen in den Mitgliedstaaten inne. Es reicht aber nicht, dass die Kommission bloß politisiert wird. Für eine echte europäische Demokratie brauchen wir eine transparente Kommission, die offen ist für Beteiligung der Europäerinnen und Europäer und sich nicht hinter einem Selbstverständnis als Verwaltung versteckt. Daran werden wir PIRATEN die neue Kommission messen.«
Soweit dies durch das Gesetz möglich ist, hat der Schöpfer auf das Copyright und ähnliche oder Leistungsschutzrechte zu seinem Werk verzichtet.