MdEP Julia Reda kommentiert den Urteilsspruch im „LuxLeaks“-Prozess. Die Strafkammer des Luxemburger Bezirksgerichts befand heute die ehemaligen Mitarbeiter von PricewaterhouseCoopers Antoine Deltour und Raphaël Halet für schuldig. Der mit ihnen angeklagte Journalist Edouard Perrin hingegen wurde freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte Anklage erhoben, nachdem sie Dokumente veröffentlicht hatten, welche ein System weitreichender Steuervermeidung aufdeckten:
Die Entscheidung des Gerichts, Antoine Deltour und Raphaël Halet für schuldig zu befinden, sendet ein katastrophales Signal an all jene, die versuchen, unmoralische Praktiken aufzudecken. Ihre Veröffentlichungen enthüllten ein System zur Steuervermeidung, durch das der öffentlichen Hand Steuereinnahmen in Milliardenhöhe entgingen. Sie lösten eine intensive Untersuchung des Skandals durch das Europaparlament aus und bildeten die Grundlage für Vorschläge der Kommission für mehr Transparenz im Steuersystem.
Für sein Vorgehen hat das Europäische Parlament Antoine Deltour 2015 mit dem Europäischen Bürgerschaftspreis ausgezeichnet. Das Urteil verdeutlicht wie unzureichend unser Rechtssystem Whistleblower schützt: Es ist dringend notwendig, dass die EU hier eingreift und einen europaweiten Mindeststandard für den Whistleblowerschutz setzt, der Menschen wie Deltour effektiv vor Verfolgung schützt.
Der Freispruch des Journalisten Edouard Perrin, der den LuxLeaks-Skandal an die Öffentlichkeit gebracht hat, ist zu begrüßen. Eine freie Presse ist aber auch auf freie und geschützte Quellen angewiesen. Das macht die Verurteilung der beiden Whistleblower umso dramatischer.
Deltour und Halet handelten, ebenso wie der Journalist Perrin im allgemeinen Interesse, als sie die Informationen veröffentlichten. Wir müssen mehr Menschen dazu ermutigen, ihr Recht auf freie Meinungsäußerung zu nutzen und mit wichtigen Informationen an die Öffentlichkeit zu gehen.
Antoine Deltour hat bereits angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Wir werden den weiteren Verlauf des Verfahrens aufmerksam verfolgen. Die Angeklagten können nach wie vor auf unsere Unterstützung zählen.
Die heutige Entscheidung der Luxemburger Gerichtsbarkeit ist ein Skandal – nur diejenigen wurden vor Gericht gebracht, die Alarm geschlagen haben, während Firmen und Regierungen unangetastet bleiben, die der Allgemeinheit geschadet haben. Whistleblower können sich heute noch weniger darauf verlassen als zuvor, dass Gerichte in ihrem Sinne urteilen.
Am 4. Mai stellte die Grüne/EFA-Fraktion im Europaparlament ihren Entwurf einer Richtlinie zum Whistleblowerschutz vor. In einer öffentlichen Konsultation können Interessierte sich noch bis zum September an der Gestaltung der Richtlinie beteiligen.
Soweit dies durch das Gesetz möglich ist, hat der Schöpfer auf das Copyright und ähnliche oder Leistungsschutzrechte zu seinem Werk verzichtet.