Dieser Beitrag erschien als Gastbeitrag bei n-tv.de
Mit der angekündigten Schließung von „Google News“ in Spanien wiederholt sich ein Schauspiel, mit dem sich zuletzt die Verwertungsgesellschaft VG Media und etliche Verlage in Deutschland blamierten:
- Nach massiver Lobbyarbeit wird der Geltungsbereich des nationalen Urheberrechts erweitert, um bisher legal arbeitende Suchmaschinen insbesondere für Inhalte aus Nachrichtenseiten in die Abgabenpflicht zu nehmen.
- Als Reaktion auf drohende oder eintreffende Zahlungsaufforderungen schließen Nachrichtensuchmaschinen entweder gänzlich oder reduzieren die Anzeige ihrer Treffer, um wieder auf der rechtlich sicheren Seite zu sein.
- Angesichts drohender Einnahme- und Sichtbarkeitsausfälle gewähren die Verlage dem Platzhirsch auf dem Markt – und ausschließlich dem – das Recht, ihre Inhalte auch weiterhin kostenfrei in Suchtreffern anzuzeigen.
Seit heute morgen sind wir in Spanien im zweiten Akt angelangt. Die konkrete Ausgestaltung des spanischen Urheberrechts unterscheidet sich vom deutschen Presseverleger-Leistungsschutzrecht in einigen Punkten, gemein ist ihnen ihre verheerende Wirkung: Es entsteht Rechtsunsicherheit, wo bisher rechtliche Klarheit herrschte (auch wenn diese den Zeitungsverlagen nicht passte). Anstelle von Einnahmen für Verlage, die – hier darf noch geträumt werden – in eine hochwertige journalistische Berichterstattung fließen könnten, gibt es jetzt neue Zugangshürden zum Suchmaschinenmarkt sowie ein Beschäftigungsprogramm für Fachanwälte für Urheberrecht.
Nichtsdestotrotz läuft die Lobbymaschine auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten wie Österreich auf Hochtouren, um dort ebenfalls ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger zu schaffen. Der zuständige Europäische Kommissar Günther Oettinger hat bereits Andeutungen gemacht, es möglicherweise auf europäischer Ebene einführen zu wollen. Die Antwort auf meine offizielle Anfrage an die Europäische Kommission, um Klarheit über den Stand der dortigen Pläne zu erhalten, steht noch aus.
Die Pläne der Verleger laufen bislang ins Leere, weil es ihnen auch mit dem Leistungsschutzrecht nicht gelingt, Google zu einem vergütungspflichtigen Handeln zu zwingen; notfalls schaltet die Firma eben einen Dienst ab oder kürzt die Anzeige der Suchtreffer. Darum läuft parallel zu den Forderungen nach der Verschärfung des Urheberrechts eine Kampagne unter dem Titel „Suchmaschinenneutralität„. Legt man diese Neutralität dahingehend aus, dass Suchmaschinenbetreiber verpflichtet würden, bestimmte Inhalte zu indexieren, wäre auch ein Ausweichen vor einer Leistungsschutzrechtsabgabe nicht mehr möglich. Die nicht-bindende Resolution des Europaparlaments, über die zuletzt medial berichtet wurde, Google solle zerschlagen werden, enthielt einen darauf abzielenden Absatz.
Es ist eine bittere Ironie, dass es nie in der Geschichte technisch so einfach war, Informationen an ein globales Publikum zu teilen und gleichzeitig so große Anstregungen unternommen werden, künstliche Hürden gegen ihre Verbreitung zu errichten.
Die EU-Kommission hat die Reform des Urheberrechts zu einer ihrer wichtigsten Prioritäten erklärt. Im Sommer 2015 soll ein erster Entwurf vorgelegt werden. Wenn diese Reform Europa fit für das Informationszeitalter machen soll, muss sie den Leistungsschutzrecht-Plänen eine Absage erteilen und digitale Zugangshürden in Europa abbauen, statt neue zu errichten.
Soweit dies durch das Gesetz möglich ist, hat der Schöpfer auf das Copyright und ähnliche oder Leistungsschutzrechte zu seinem Werk verzichtet.
In Spanien wird sich die widerrufliche Gratiseinwilligung wohl nicht wiederholen, nachdem das Gesetz den Medien diese Möglichkeit anscheinend verbietet.
Von daher steckt da vielleicht noch mehr dahinter: Ein Kampf der „großen“ Medien, die sich ihre Zielgruppe durch Werbung beschaffen können (und die Verwertungsgesellschaft in der Tasche haben) gegen kleine Medien, die durch Aggregatoren zur Leserschaft finden.